Jürgen Kuhlmann

Lieder

Eine Besprechung vom Juni 2002

"Jürgen Kuhlmann: Lieder" - so lautet lapidar der Titel einer CD, die der ehemalige Priester (und jetziges VkPF-Mitglied) seit einiger Zeit im Selbstverlag vertreibt. Bei dieser Liedersammlung handelt es sich um eine Zusammenfassung früherer Publikationen: der Single-Schallplatte "ANGELA" (aus 1969) und der LP "RE" (aus 1975), ergänzt durch weitere fünf bislang unveröffentlichte Lieder aus 1996. "Nicht Ohrenschmaus für Genießer wollen die Lieder sein, sie erzählen einfach ein paar Geschichten. Redet zueinander mit Geist-erfüllten Liedern (Eph 5,19)!" So wirbt Kuhlmann für seine Lieder, in denen er "einfach ein paar selbst erlebte Geschichten" erzählen will, die er deshalb einem größeren Hörerkreis zugänglich machen möchte, "weil sie schon manchen kleineren nachdenklich gemacht haben". Tatsächlich finden sich aber neben solch selbst Erlebtem auch noch Glaubenszeugnisse und -bekenntnisse (z. B. Osterlied, Marienstrophe, Der Weg ...), Kirchenkritisches (z.B. Getrost, Alea iacta, Endlich kommt einmal ... ) und Mystisch-Romantisches (z. B. An Sophia, Das quellende Licht, Lied der Ich-Stufen ... ), ja sogar Kabinettstückchen (Die Lötung) und Lebenshilfe (Die Gespenster und das Morgenrot, Wohin jetzt). Kuhlmann hat zu den vorgelegten Liedern entweder den Text oder die Musik oder beides verfaßt - so vertonte er Texte von Novalis (Marienstrophe), Werner Bergengruen (Das quellende Licht), Theodor Storm (Ehelied) oder Hermann Hesse (Der Wanderer an den Tod), verwendete volkstümliche Melodien aus mehreren Ländern und auch schon mal eine von Mozart (Alea iacta). Die eigenen Texte sind sowohl inhaltlich wie auch stilistisch recht unkonventionell - was von jugendlich-kreativem Geist zeugt. Auffällig ist, dass der Aufbau einer ganzen Reihe dieser Texte einem bestimmten Muster folgt (exemplarisch in Vorbei? und Der Zusammengang), welches Kuhlmann als sein persönliches denkerisches Paradigma in der Studienzeit entdeckt hat und bis heute (besser: heute wieder verstärkt) verfolgt - dem Prinzip des "Stereo-Denkens". Was damit gemeint ist, lässt sich in mehreren Büchern von ihm und auf der unten aufgeführten Homepage im Internet nachlesen. Mir als indirektem Guardini-Schüler ist die Nähe dieses Ansatzes zu dessen Gegensatz-Denken schnell aufgefallen - und damit verbunden auch die Nähe zu Denkern des dialogischen Personalismus wie Martin Buber. Die von Kuhlmann im Textheft selbst erwähnten "Unvollkommenheiten einer Heimstudio-Aufnahme" - die (meisten) frühen Stücke wurden allesamt mit einfachsten technischen Mitteln und nur mit Gitarrenbegleitung eingespielt - sind zwar (bis auf die jüngsten Lieder aus 1996) deutlich herauszuhören, bleiben aber verzeihlich. Musikalisch geschultere Ohren mögen dagegen die diversen Fehler des Gitarrenspiels und die in einigen Liedern vorkommenden gewollten "Inkompatibilitäten" (auch Dissonanzen genannt) von Melodieführung und Instrumentalbegleitung schon eher als störend empfinden. Auch wenn sich hier wie auch in etlichen Liedtexten die Experimentierfreude des jungen Studenten und Kaplans Kuhlmann zeigt, so fallen ebendiese "Spitzen" doch bisweilen als "über-spitzt und damit unangenehm auf. Insgesamt sind diese Lieder mit ihren bisweilen recht eigenwilligen Texten jedoch in einem guten Sinne anstößig: sie regen zum Nachdenken an, bieten Impulse für Reflexion und Austausch und vermögen an manchen Stellen Ver- bzw. Eingeschlafenes im eigenen Innern (wieder) aufzuwecken. So stellt diese CD-Publikation trotz mancher (meist liebenswürdiger) Mängel eine Bereicherung dar und bezeugt, dass Kuhlmann Geisterfülltes ins Wort und in Musik gebracht hat.

Die CD mit insgesamt 30 Liedern ist inklusive Textheft zum Preis von 11 Euro zu beziehen bei Jürgen Kuhlmann (bzw. Unitas Verlag), Schlossweiherstr. 9, 90482 Nürnberg, Mail: j.e.kuhlmann@t-online.de.

Internetseiten von und/oder mit Jürgen Kuhlmann:
http://www.stereo-denken.de/
http://www.kath.de/predigt/kuhlmann/ (Predigten 1996 - 1998)
http://www.kath.de/predigt/jk/ (Predigten ab 2000)

Claus Schiffgen

Veröffentlicht im "Mitteilungsblatt der Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen", Juni 2002, S. 20 f.


Volle Internet-Adresse dieser Seite: http://www.stereo-denken.de/cd-rez1.htm

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Siehe auch des Verfassers alten und neuen Predigtkorb auf dem katholischen Server www.kath.de

Schriftenverzeichnis

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